Sind Sitzblockaden legal?
Sie nennen sich „die letzte Generation“ und demonstrieren mit verschiedenen ungewöhnlichen Aktionen für den Klimaschutz. Durch Sitzblockaden oder Festkleben auf Straßen und anketten an Schienen oder Beschmieren von Kunstwerken und anderen Luxusgütern, wollen sie auf den Klimawandel aufmerksam machen.
Hier stößt die Meinungs- und Versammlungsfreiheit der Demonstranten auf die öffentliche Sicherheit und Ordnung, sowie das Wohl der Mitbürger. Es stellt sich die Frage, ob diese Demonstrationen vom Grundgesetz geschützt sind oder strafbare Handlungen darstellen.
Welche Demonstrationen sind vom Grundgesetz gedeckt?
Nach Art. 8 GG, haben alle Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Für alle anderen Bundesbürger kann dies aus den Art. 2 und 5 GG abgeleitet werden. Für geplante öffentliche Versammlungen oder Demonstrationen unter freiem Himmel sieht das Versammlungsgesetz vor, dass diese zuvor bei der Polizei oder Ordnungsamt angemeldet werden müssen. Hierzu müssen der Veranstalter und Versammlungsleiter namentlich bekannt sein. Datum, Zeit, Ort und Route müssen vorab angegeben werden. Das Motto der Demo sowie ungefähre Anzahl der Teilnehmer muss bekannt sein.
Grundsätzlich gilt, dass ausschließlich friedliche Demonstrationen vom Grundgesetz geschützt sind. Sobald Waffen oder Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen erfolgen, darf die Demo polizeilich aufgelöst werden. Hierzu greift aber auch das Vermummungsverbot.
Fallen Sitzblockaden unter die Versammlungsfreiheit?
Friedlich Sitzblockaden durch mehrere Menschen auf öffentlichen Straßen, sind grundsätzlich von der Versammlungsfreiheit geschützt. Dennoch hat auch das Grundrecht aus Art. 8 GG seine Schranken. Diese sind zum einen die Bestimmungen aus dem Versammlungsgesetz und zum anderen kollidierendes Verfassungsrecht. Ob eine Sitzblockade dennoch eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit darstellt, hängt immer vom Einzelfall ab.
Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Beschluss im Jahre 2011 im Rahmen einer Güterabwägung argumentiert, dass Demos auch für aufsehenerregender Meinungskundgabe genutzt werden dürfen. Der Schutz ist nicht nur den verbalen Ausdrucksformen vorbehalten, sondern auch den nonverbalen Kundgebungen, wie z.B. auch Sitzblockaden.
Wann stellen Sitzblockaden eine Straftat dar?
Wie bereits zuvor erwähnt, hat auch die Versammlungsfreiheit ihre Grenzen. Nach der sog. „Zweite-Reihe-Rechtsprechung“ des BGHs (1 StR 126/95), stellt die Blockade für die erste Reihe der anhaltenden Fahrzeuge eine Behinderung dar, die sie psychisch zum Anhalten zwingen. Diese wiederum stellen eine körperliche Barriere für die nachfolgenden Fahrzeuge dar, die als „Gewaltakt“ den Demonstranten zugerechnet wird. Somit wird der Straftatbestand der Nötigung gemäß § 240 Abs. 1 StGB erfüllt.
Nicht jede Nötigungshandlung ist letztendlich auch eine Straftat. Nach § 240 Abs. 2 StGB muss die Nötigung rechtswidrig sein (Verwerflichkeitsklausel). Eine Verwerflichkeit kann sich bei den friedlichen Sitzblockaden aus dem Verhältnis von Mittel und Zweck ergeben. D.h., dass das Einsatzmittel für die Zweckerreichung sittlich zu beanstanden oder ungeeignet und somit „verwerflich“ ist.
An den deutschen Strafgerichten herrschen unterschiedliche Rechtsansichten. Fakt ist, dass ein Strafgericht die Ziele einer Demo nicht bewerten darf. Es darf nur bewerten, ob der Versammlungszweck und die Behinderung in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.
Das AG München führte als Verurteilungsgrund aus, dass Sitzblockaden keinen unmittelbaren Einfluss auf den Klimawandel haben. Am AG Freiburg wurde ein Angeklagter wiederum freigesprochen mit der Begründung, dass Autofahrer maßgeblich für den CO2-Ausstoß verantwortlich und somit Teil der Problematik seien.
Klimakleber erstmal zu Haft verurteilt
Das AG Heilbronn hat im März 2023 einen 22-jährigen Klimaaktivisten zu 3 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Das besondere hieran ist, dass die Freiheitsstrafe nicht zu Bewährung ausgesetzt wurde. Angeklagte war er wegen Nötigung. Die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als 1 Jahr kann grundsätzlich nach § 65 Abs. 1 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden. Erforderlich hierfür ist eine positive Sozialprognose. Der Angeklagte hätte vor Gericht erklärt, dass er sich weiter an den Aktionen beteiligen wird.
Anwalt hilft!
Sie gehören zu den Klimaaktivisten und waren an einer friedlichen nonverbalen Protestaktion in der Öffentlichkeit beteiligt? Gegen Sie wird nunmehr wegen des Verdachts der Nötigung gemäß § 240 Abs. 1 StGB und weiterer Straftaten ermittelt? Dann sollten Sie mich mit Ihrer Verteidigung beauftragen und gegenüber den Ermittlungsbehörden schweigen. Wie bereits in diesem Beitrag ausgeführt, herrscht rechtliche Unsicherheit! Hier kommt es genau drauf an, die wichtigen Entscheidungen des Bundesverfassungs- und Bundesgerichtshofes zu kennen. Die Reichweite des Dürfens ist nicht klar definiert. Genauso wie die Einschränkung Ihrer Grundrechte. Ich verteidige Bundesweit. Rufen Sie mich an!